Donnerstag, 24. Oktober 2013

Angefeuert

Vor zwei Wochen hatte mein Chef die Idee, dass wir mal mit ein paar Kollegen was zusammen zu machen. Fand ich gut, denn ich will Leute kennenlernen. Er hatte dann die Idee, dass ich für fünf Kollegen Pasta machen soll. Das kennen die hier nämlich gar nicht so richtig. Ich überlegte ziemlich lange, was ich für eine Soße machen soll. Ich wollte ohne Fleisch kochen, damit die Leute sehen, dass man auch davon satt werden kann. Pesto geht nicht, denn es gibt hier kein Basilikum. Carbonara ist auch schwierig mit dem hiesigen Käse und die schinkenlosen Alternativen sind nicht besonders überzeugend, Tomatensoße fand ich zu einfach. Ich entschied mich dann vegetarische Bolognese zu machen. Ist schließlich der Klassiker und daher ziemlich passend, wenn die Leute keine Spaghetti kennen. Ich kaufte also Zutaten dafür ein und Tomate und Mozzarella und Rotwein. Als dann der Tag war, standen die ersten Gäste um elf auf der Matte (Ich lag noch im Bett). Und als ich dann fertig war und mit meinem Chef redete, stellte sich raus, dass er spontan doch noch ein paar mehr Leute eingeladen hatte. Neben unseren Kollegen waren auch sämtliche Nachbarn und entfernte Cousinen, die extra aus dem Regenwald gekommen waren, eingeladen. Es waren insgesamt circa 25 Leute, die ich bekochen sollte. Wir fuhren nochmal zusammen in den Supermarkt, um noch mehr Essen zu kaufen und ich war so sauer, dass mir fast die Tränen kamen. Zumal mein Chef immer wieder fragte: "Wieviel Tomaten braucht man für 25 Leute?" und ich die Antwort einfach nicht wusste. Und bei den vielen Gästen fühlte ich mich auch gedrängt eine Soße mit Fleisch anzubieten. Nun gut, zu guter Letzt kochte ich dann mit drei Arbeitskolleginnen zusammen das ganze Essen. Das  hätte ich alleine nie geschafft. Und wir zauberten eine Soße mit und eine ohne Fleisch (wovon ich so ziemlich als Einzige aß). Und es schmeckte allen gut. Als mir danach vorgeworfen wurde, dass ich zu viele Nudeln gemacht hatte und meine Kalkulation nicht so gut gewesen wäre, schluckte ich den Ärger mit ein bisschen Rotwein zusammen runter. Nach dem Essen wurde ein Fußballspiel geguckt. Ein Länderspiel, ich weiß allerdings nicht mehr gegen wen. Dieses Spiel war für alle sehr wichtig, da es entscheiden sollte, ob Ecuador bei der WM teilnimmt. Sie haben es geschafft! Danach war die Stimmung spitze und es wurde im Wohnzimmer getanzt und Musik gehört. Der Nachbar, der zwar Frau und Baby hat und sich trotzdem des Öfteren ziemlich schamlos an mich ranmacht, wollte mir Salsa beibringen. Das kann ich nach wie vor nicht und es ist ziemlich peinlich mit anzusehen. Er tanzte dann mit einem anderen Mädchen und bekam plötzlich eine Erektion. Das ist an der Geschichte aber nicht der verwunderliche Punkt, denn das ist wirklich verständlich bei den Tänzen hier. Was mich aber wirklich überrascht hat, war der Umgang damit. Es war niemandem peinlich, es wurde nicht gegrinst oder gelacht und selbst der Betroffene meinte nur "UUps" so als hätte er lediglich Nasenbluten, setzte sich hin, um sich zu beruhigen und erklärte mir, die etwas verstört darauf reagierte, den genauen biologischen Ablauf von dem Geschehnis und dass das Männern passiert, wenn eine Frau besonders "heiß" ist.
 Danke für die Hilfe beim Kochen
 Beim Essen. Im Wohnzimmer sitzen noch mehr Leute.


Vamos al Mundial

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Angepisst

Jetzt ist der Punkt gekommen, wo ich einen Text mit dieser Überschrift verfassen kann. Ich hatte mich schon drauf gefreut. Irgendwie nervt mich gerade alles an. Die letzte Woche war aber auch einfach doof. Montagabend um zehn kam mein Chef zu mir und meinte, dass ich mit ihm und einer Kollegin die nächsten zwei Tage nach Simiatug (ein Dorf bei mir in der Nähe) fahre. Ich fand das ja schon sehr spontan aber auch in Ordnung. Ich rief zwei andere Weltwärts-Freiwillige an, die dort wohnen, ob ich bei denen übernachten kann und packte. Am nächsten Tag war ich in voller Montur bei der Arbeit. Und da hieß es plötzlich, ich würde doch nicht fahren. Ich sagte den Freunden also wieder ab. Und dann kam mein Chef und sagte, dass ich doch dorthin fahre. Aber erst am nächsten Tag und nur für eine Nacht. Gut, da stellte ich mich drauf ein. Als wir dann am nächsten Tag losfuhren und ich fragte, wann wir denn wieder zurück nach Guaranda fahren würden, hieß es ganz überrascht: "Nein. Wir bleiben bis Freitag." Also, einen Tag länger. Ich bin ja eigentlich schon spontan und gleichgesinnte Leute sind mir sehr sympathisch aber so ein Hin und Her geht mir echt zu weit. Hinzu kam, dass ich überhaupt nicht wusste, was wir in Simiatug eigentlich machen wollten, was natürlich vor allem daran lag, dass ich die anderen nicht verstanden habe. Meine Stimmung wurde dann am Abend besser, als ich bei den anderen Freiwilligen war. Es tut immer gut, sich auszutauschen. Am nächsten Morgen ging es dann früh los und zwar mit.... Plakaten aufhängen! Da fuhren wir zu dritt (Alvaro, mein Chef, Amada, seine Sekretärin und ich) für zwei Nächte in eine andere Stadt, nur um Plakate aufzuhängen. Weil es dabei eigentlich zu wenig Arbeit für drei gibt, war mein Job, die Plakate festzuhalten und immer ein einzelnes den anderen Beiden zum Kleben zu geben. Es war aber auch ganz lustig, denn ich verstehe mich gut mit den Beiden und ich schaffte es auch, ihnen zu vermitteln, dass ich nicht unbedingt noch einen Tag länger bleiben wollte und durfte nach dem Mittagessen schon fahren. Davor hatte ich allerdings noch ein Gespräch, bei dem mir die Kulturunterschiede schön vor Augen geführt wurden. Wir aßen und unterhielten uns dabei eigentlich sehr nett über die Unterschiede zwischen Deutschland und Ecuador. Es war ein gutes Gespräch und ich dachte mir, dass ich ja schon Glück habe, da meine beiden Kollegen wirklich sehr nett sind. Und dann ging es plötzlich um Haushaltsführung und Alvaro wollte wissen, wieso in Deutschland nicht die Frau den Abwasch macht, sondern manchmal auch Männer. Ich erzählte was von Gleichberechtigung und seine Antwort war, dass Männer nicht kochen, abwaschen und Wäsche machen würden, da das ein starker Mann nicht täte. Ich dachte: "Angela, reiß dich zusammen. Das ist eine andere Kultur. Das musst du akzeptieren." Konnte ich aber nicht und versuchte ihm erst mal vor Augen zu führen, dass das Macho-Gehabe gar nicht toll ist, in dem ich sagte, Männer, die selber kochen würden, seien viel attraktiver. Da stimmte mir Amada sogar bei. Das Gespräch ging dann weiter bis zu dem Punkt, wo er irgendetwas in der Richtung meinte, dass Frauen gar nicht arbeiten sollten (ich will hier niemanden verunglimpfen und mein Spanisch ist noch nicht gut aber so habe ich es verstanden). Ich bin ja bei weitem nicht die vorbildhafteste Emanze und in meinen Zukunftsträumen steht die Familiengründung weit über der Karriere aber bei diesem Gespräch konnte ich nicht anders und erzählte, dass ich ja wohl genauso klug wäre, wie er und keinen Grund darin sähe, das nicht auch zu nutzen und dass es ja wohl möglich sein müsste, dass beide arbeiten gehen und sich die Hausarbeit teilen.... Dabei wurde ich immer lauter und er dann auch. Das war dann eine sehr unangenehme Situation und wir hatten nicht mal mehr Gelegenheit uns auszusprechen, weil ich dann die nächste Cambionetta (Fußnote: Das sind Autos, die immer von Ort zu Ort fahren und so viele Leute einsammeln, wie möglich und ganz, ganz billig sind. Eine Mischung aus Trampen, Mitfahrgelegenheit und Taxi) kam und ich die nehmen musste. Auf dem Rückweg war ich jedenfalls sehr kulturgeschockt und ziemlich sauer. (Wobei ich aber echt noch mal klarstellen will, dass mein Chef total nett ist, sich sehr für mein Befinden interessiert, mich auch ernst nimmt und in keiner Weise ein dummer Macho ist!!)
Ein Lichtblick war mein Wochenende. Ich wollte zu zwei anderen Freiwilligen nach Cayambe fahren (das ist ein Dorf in der Nähe von Quito) und mich am Sonntag in Quito mit einem Mann treffen. Diesen hatte ich in den ersten Tagen dort in der Disko kennengelernt und es war super, da er auch Englisch konnte. Ich war danach trotzdem sehr überrascht, als er schrieb, dass er mich gerne wiedersehen würde. Und da so was nach so Disko-Bekanntschaften ja auch in Deutschland äußerst selten der Fall ist, habe ich mich dann doch sehr über das nachhaltige seinerseits Interesse gefreut. Wir haben dann ein paar Mal nett hin und her gechattet, wobei er immer wieder darauf zurück kam, wie schön es doch wäre, wenn wir uns noch mal sehen würden und dass er mir so viel in Quito zeigen will. Nun gut, und nach dem ich dann von der Arbeit etwas frustriert war, dachte ich, dass es ja sicher nett wäre, mal etwas zu unternehmen. Nur für mich eine Reise machen. Und mich dann noch mit einem Ecuadorianer treffen, der sogar Englisch kann, was bedeutet, dass ich mich wirklich mal unterhalten und ganz viel fragen und die Antworten verstehen kann. Und in der Hauptstadt, was mit jemandem zu unternehmen, der sich dort auskennt... Voll gut! Klug wie ich bin hab ich auch die Möglichkeit mit eingerechnet, dass sein Interesse nicht weiter geht, als einmal im Leben mit einer Weißen.... aber deswegen verabredete ich mich mit ihm ja nur für Sonntag tagsüber für ein paar Stunden in der Stadt. Er schrieb, dass er sich freut und mich vom Busbahnhof abholt, weil ich mich in der Stadt ja nicht gut auskenne. Was für ein Gentleman!
Ich fuhr also fünf Stunden dorthin. Am Freitag und Samstag war ich bei den Freundinnen in Cayambe. Das war auch wirklich schön. Wir waren Samstag in Thermalquellen baden und saßen einfach fünf Stunden nur im heißen Wasser rum, während die Luft ganz kalt war. Und auch die Landschaft war sehr schön dort. Und es war nett, die anderen Beiden zu besuchen. Und überhaupt alleine so eine Reise mit zweimal Umsteigen hinbekommen zu haben, gibt mir ein anderes Selbstbewusstsein in diesem Land und ich scheue mich jetzt nicht mehr davor, hier alleine unterwegs zu sein.

Und Sonntag war dann das Date. Zwischen zehn und elf Uhr vormittags wollten wir uns treffen. Ich saß ab zehn am Busbahnhof. Um viertel vor elf fragte ich ihn, wo er bleibt. Um viertel nach elf kam ne Sms, in der er meinte, er müsse noch arbeiten und würde versuchen, so schnell wie möglich alles fertig zu kriegen. Fand ich schon sehr komisch. Am Sonntag.... und wir waren doch verabredet.... aber da hier mit Zeiten und Verabredungen eh sehr locker umgegangen wird, blieb ich auch erst mal locker. Als ich dann um zwei immer noch nichts von ihm gehört habe, kam ich auf die Idee, dass es auch eine Lüge gewesen sein könnte. Als ich um halb fünf nach Hause fuhr, war ich mir sicher, dass er gelogen hatte. Ich habe bis jetzt nichts mehr von ihm gehört.
Und seitdem zerbreche ich mir den Kopf. Ich war weder in den verliebt, noch war mir der Kontakt wahnsinnig wichtig. Deswegen bin ich nicht besonders traurig. Aber ich versuche die ganze Zeit zu verstehen, was in dem Kopf von einem Menschen vorgeht, der erst mehrfach behauptet, er will sich treffen, dann wochenlang eine Verabredung plant, schon konkrete Pläne macht mit Abholen und dann am Tag direkt, es sich anders überlegt und noch nicht mal ehrlich absagt, sondern blöd lügt, er käme später und sich dann gar nicht mehr meldet. Das ist doch unmöglich! Hat jemand eine Antwort? Die Kommentarfunktion unten darf gerne genutzt werden!!!